Projektbeschreibung

Hintergrund

Seit dem Kapitel "Comparative music perception and cognition" von Carterette & Kendall in D. Deutsch (1999). The psychology of music (2. Auflage) (p. 725–792) wurde deutlich, dass nicht nur der kulturvergleichende Ansatz in der Musikpsychologie zukünftig von Bedeutung sein wird, sondern auch der speziesvergleichende. D.h., durch den Vergleich der menschlichen Wahrnehmung mit der Wahrnehmung ausgewählter non-humaner Spezies erfahren wir etwas über die Besonderheit der menschlichen auditiven Wahrnehmung. Durch diesen Vergleich wird sinnlich erfahrbar, wie stark die Musik der Spezies "Homo" durch die Eigenschaften seiner auditiven Wahrnehmung bestimmt ist. Unsere spezifische Klangwelt können wir aber nur erfahrbar machen, indem wir sie mit den Klangwelten anderer Spezies vergleichen. Genau dies haben wir in diesem Projekt gemacht, welches im Jahr 2002 am Institut für Musikpädagogische Forschung der Hochschule für Musik und Theater entstand.

Einfache Ausgangsfragen für die hier vorgestellten Simulationen von Klangwelten waren etwa:

Kann eine Schildkröte hören, wenn man mit ihr spricht?
Was hört ein Fisch im Aquarium?
Würde eine Fledermaus die Klaviermusik von Chopin mögen?
Ist für eine Katze Popmusik eine Ohrfolter?

 

Anwendungsmöglichkeiten der Demonstrationen

Die klingenden Audiogramme lassen sich gut als Demonstrationsmaterialien im Unterricht verwenden. Beispiele für denkbare Unterrichtsthemen wären etwa:

  • "Hören im Inter-Spezies-Vergleich".
    Wenn man über die frequenzspezifischen Hörschwellen des Menschen spricht, dann wird durch den Vergleich mit der auditiven Wahrnehmung anderer Spezies deutlich, daß sich z.B. unser Sprachklang deshalb so entwickelt hat, weil der Mensch ein charakteristisches Sensitivitätsmaximum zwischen 1 und 3 kHz besitzt.

  • "Die unheimliche Kraft der Musik".
    Wenn in dubiosen Studien über den positiven Einfluss klassischer Musik auf die Milchproduktion von Kühen berichtet wird, wäre zunächst auf der Wahrnehmungsebene zu klären, welche Schallinformationen diese Spezies überhaupt wahrnehmen kann.

  • "Können Tauben zwischen der Musik von Strawinsky und Bach unterscheiden?"
    Wenn innerhalb der experimentellen Ästhetik die Fähigkeit von Tauben zur Stilgeneralisierung bei Musikbeispielen untersucht wird [Porta, D. & Neuringer, A. (1984). Music discriminations by pigeons. Journal of Experimental Psychology: Animal Behavior Processes, 10(2), 138–148], dann muss auch hier zunächst die Frage nach der Hörwelt dieser Tiere beantwortet werden.

 

Methode

Mit den Methoden der digitalen Signalverarbeitung sollten klingende Audiogramme ausgewählter Spezies erzeugt werden.

Als Datengrundlage diente die umfangreiche Datenensammlung in Richard R. Fay (1988). Hearing in vertebrates: A psychophysics databook. Winnetka, IL: Hill-Fay Associates.

Dies Buch ist die vermutlich umfangreichste Sammlung zum Hörvermögen der Wirbeltiere und die aus Verhaltensexperimenten gewonnenen Daten geben an, welche Hörschwellen, ein bestimmtes Tier besitzt, welche Auflösung sein Richtungshören hat etc.

Wie jedoch konkret z.B. eine Beethoven-Symphonie von einem Karpfen unter Wasser gehört wird, lässt sich nur erahnen. Natürlich kann man nicht mit Sicherheit sagen, ob ein Tier Schall überhaupt so erlebt wie ein Mensch, aber zumindest lassen die von Fay angegebenen Audiogramme R ückschlüsse auf das jeweils wahrnehmbare Frequenzspektrum zu. Dies wollten wir erklingen lassen und für den Menschen erlebbar und nachvollziehbar machen.